Ich weiß den Tag, ich weiß die Stunde
Da meine Seele sich zuerst gestanden,
Sie trage deines Zaubers Joch,
Sie liege willenlos in deinen Banden.
Du ruhtest still im Moose, weißt du noch?
Am Waldsaum war's, schwül sank der Abend nieder,
Du schliefest, oder schlossest doch
Im wachen Traum die müden Augenlider!
Ich aber, zitternd über dich gebückt,
Ich sah dich an in selig scheuen Zügen,
Von Schmerz zugleich und Lust durchzückt
Bis plötzlich du die Augen aufgeschlagen!
Dein Blick berührt' mich, so berührt ein Blitz,
Und klar war alles! Was in dunklem Triebe
Mein Herz ersehnt', war dein Besitz,
Und was zu mir dich zog, war deine Liebe!
Ich weiß den Abend, weiß die Stunde noch!
Heiß war der Tag, Gewitter in den Lüften,
Und nachtendes Gewölke kroch
Empor schon feindlich aus der Berge Klüften!
Wir kehrten heim; denn finstrer stets ringsum
Begann der Himmel drohend sich zu schwärzen,
Wir aber trugen selig stumm
Des Glückes vollen Sonnenschein im Herzen!
aus: Friedrich Halm's Werke
Siebenter Band Neue Gedichte
Wien 1864