Aus der Verzweifelung, aus Nacht, aus Katakomben her kamst du,
mit des Todes eisigem Hauch im Nacken,
mit geblendeten, gejagten Blicken.
Mörtel haftete in deinen Haaren
und im jungen Barte Spinngewebe,
und dein Leib war ein gespannter Bogen,
dessen Pfeil nach süßerm Himmel zielte
als nach deines bleichen Gottes Himmel.
Da ich vor dir lag, die Arme breitend,
liebtest du den salbenhellen Körper,
der noch deiner trotzgen Küsse Spur trug,
viele tausend Male mehr als jenen
fünffach blutenden des bleichen Gottes,
der dich nie beseligt hat wie Fausta,
der dich nicht wie sie vom Tod gerettet,
der sich selbst vom Kreuz nicht helfen konnte.
Aus: Alma Johanna Koenig Liebesgedichte
F. G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung Wien und Leipzig 1930