Elegie

Herrlich noch immer der Tag - es leuchtet der alternden Stirne,
Leuchtet dem liebenden Blick gnädig der Glanz des Gestirns.

Wie durch das schwirrende Blau die Stimme des Glücks mich begeistert!
Zärtlich füllt sie das Ohr, schwalbenzwitschernd und scheu.

Wimpernweit wie das Auge des Kindes verrauschte das Leben
Oh! und die Kindheit verging - eilends verblaßte der Glanz

Tausendundeiner Nacht. Die tausendundzweite der Nächte
Wandelt gelassen herauf wie ein gewohntes Gesicht.

Immer noch schimmert dem Blick die Stunde des früheren Kusses
Wie ein dezembrischer Tag, duftend und heiter und hart.

Schreckhaft steht mir das Herz, es horcht zurück in die Zeiten
Und von den Wiesen des Traums tönt es wie Harfen mir zu:

Sils Maria, o denk es, du holdes Echo: Marianne,
War es, war es nicht dein? Schön wie dein schwärmender Blick.

Deine Hände, wie schön, dein Gang und die zierlichen Hüften,
Nächtlich strahlte dein Haar, widerspenstig im Wind.

Ging dies alles vorbei? Die Norne blies es zur Asche,
Aber dem Liebenden blieb's ewig als schönster Besitz.

Wie auch das Herz sich erneut und zärtlich dem neuen sich bindet,
Kehrt es oft stöhnend zurück in das verlorene Land,

Lauscht den schwärmenden Bienen - holde Musik des Glückes -
Leise wandelt die Zeit wieder zum Traume zurück.

Collection: 
1961

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