1.
Schläfft meine Göttin hier in irrdischer gestalt /
Und ruht daselbst / wo ich darff keine ruhe hoffen?
Ist dieser kleine platz ihr süsser auffenthalt /
Von welcher Venus wird mit anmuth übertroffen?
Schließt dieses bette
Die zarten glieder ein?
Und will Rosette
Auch schlaffende hier angebetet seyn?
2.
Ja schlaff holdseeligste / und gönne / daß ich dir
Den schuld'gen opffer-dienst / auch wenn du schläffst / ablege;
Doch weil du göttlich bist / so schaff' auch / daß hinfür
Kein ärgerlicher traum zu zorne dich bewege.
Die liebes-Götter /
Zu denen man dich zehlt /
Sind keine spötter /
Wenn wider sie von menschen wird gefehlt.
3.
Wach aber endlich auch von deinem schlaffen auf /
Und zeige wachend dich so niedlich als im schlaffe:
Doch nein! schlaf immerfort / des strengen himmels lauff.
Schließt dir die augen selbst den meinigen zu straffe;
Und deine blicke
Die geben zu verstehn /
Daß ich mein glücke
Hinfort nicht / als nur schlaffende soll sehn.
(Theil 3 S. 85-86)