30.

30.
Gedenke mein, wenn mich der Tod bezwang,
Des Busens Gluth wird mich - wie bald - verzehren,
Nicht unbeweint möcht' ich verschwebend kehren
Zur alten Nacht, der ich vordem entsprang.

Gedenke mein, ich fühl' es ahnungsbang:
Dir wird ein Gott des Glücks noch viel bescheren
Und gnäd'gen Sinns noch lang der Parze wehren,
Wenn mich schon längst die dunkle Gruft verschlang.

Kein irdisch Bild hab' ich gleich dir geliebt,
Die Seele mein hab' ich an dich verloren,
Mir selbst entschwebt wohnt sie in dir allein;

Verstoß sie nicht, auch wenn mein Leib zerstiebt,
Dein Herz sei ihr zum Grabmal auserkoren,
O hör' mich flehn: Sei treu, gedenke mein!

Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890

Collection: 
1890

More from Poet

9.

9.
Blitz der Liebe
Sie sitzen jahrlang zimperlich am Theetisch,
Und mählich wird ein matt Gefühl geboren,
Ein zücht'ger Kuß - es wird der Bund beschworen,
Und ihren Segen giebt Mama pathetisch.

Ich fass' es...

8.

8.
Liebesahnung
Gar lieblich ist's, o wohl! und süße Pflicht,
Erprobten Bund unwandelbar zu pflegen,
Erkornem hold treufesten Sinn zu hegen,
Bis todumflort erlischt des Auges Licht.

Doch schöner ist es - wer...

7.

7.
Das ist des Frühlings Gruß, der wunderholde,
Sanft kost der Wind mit Fluthen, spiegelglatten,
Die Welt wird hell, es grünen neu die Matten,
Es sproßt am Strauch die junge Blüthendolde.

Zu Wolken auf, umsäumt vom Sonnengolde...

6.

6.
Der Liebe Werth schätzt nur, wer viel gelitten,
Wem neues Leid schuf jegliches Erwachen,
Wer stets durch Nacht und Sturm den Lebensnachen
Gezwängt und doch sich Frieden nie erstritten.

Wer stets durchs Leben ging mit...

5.

5.
Ich kann jedwedes Ungemach ertragen,
Gerüstet bin ich wider Schicksalstücken,
Nie wird ein Leid mich ganz zu Boden drücken,
Im tiefsten Kern mich treffen nie und schlagen.

Nur Eines zähl' ich zu den höchsten Plagen:...