Sieh’ in den Spiegel, sag’ dem Antlitz dann:
Zeit ist’s, daß es ein Ebenbild erhält;
Daß, wenn es neues Leben nicht gewann,
Du um die Mutter nicht betrügst die Welt.
5 Denn wo ist, deren Leib noch ungepflügt
Der Gattenliebe Anbau je verschmäht?
Und wo...

Warum, o Anmuth, willst für dich du nur
Der Schönheit hold Vermächtniß so verschwenden?
Denn Alles leiht und nichts schenkt die Natur,
Doch frei ist, dem sie leihet ihre Spenden.
5 Warum mißbrauchst du, schöner Geizhals, doch
Die güt’ge Fülle, die dir ist...

Ist’s Furcht, daß Wittwenaugen um dich leiden,
Wenn grausam dich die Einsamkeit behält? –
O solltest kinderlos du leider scheiden,
Beklagt dich, ein verwittwet Weib, die Welt.
5 Sie wird als deine Wittwe stets beweinen,
Daß du nicht ließt ein Bild von dir...

Nur zögernd zieh’ ich fort mit trägem Gange,
Da, was ich such’ – der müden Reise Ziel –
Mir zeiget, wie dem End’ ich näh’r gelange,
Daß zwischen Freund und mir der Meilen viel.
5 Das Thier, das fort mich trägt und meinen Schmerz,
Es schreitet matt, als fühlt’s...

So kann die Lieb’ verzeih’n gemaches Weilen,
Des trägen Pferdes, wenn von dir ich zieh’;
Wie sollte Trennung ich von dir beeilen? –
Bis heim ich kehr’, ist Hast verlorne Müh’.
5 Doch wird mein armes Thier Entschuld’gung finden,
Wenn träg’ erschiene mir der...

Dem Reichen gleich’ ich, der mit Schlüssels Kraft
Des theuern Schatzes Truhe sich erschließet,
Doch nicht durch viel Beschauen sie erschlafft,
Die Lust, die seltner er, so mehr genießet.
5 Drum herrlich ist ersehnten Festes Feier,
Die spärlich trifft des langen...

Was ist dein Sein? aus welchem Stoff bereitet,
Daß gern sich dir Millionen Schatten weih’n?
Von einem Schatten Jeder ist begleitet,
Nur einzig du kannst Jedem Schatten leih’n.
5 Adonis mal’, und das Gebilde spendet
Ein ärmlich Gleichniß deines Wesens nur;...

O, wie vielmehr erscheint die Schönheit schön,
Wenn süßen Schmuck die Treue ihr gegeben!
Die Ros’ ist schön, doch ihren Rang erhöh’n
Die süßen Düfte, welche in ihr leben.
5 Die Hageros’ hat gleichen Farbenglanz
Und gleicher Röthe Gluth wie duft’ge Rosen,...

Wenn Alles war, was ist, wenn Nichts auf Erden
Neu – arg wird dann des Menschen Hirn bethört,
Das, rastlos grübelnd über neues Werden,
Ein altes Kind zum zweiten Mal gebärt.
5 O daß zurück Geschichte könnte reichen
Fünfhundert Sonnenläuf’! – ich möchte seh’n...

Kein goldnes Ehrenmal, kein Marmorstein
Der Fürsten überlebt dies mächt’ge Lied.
Du strahlst in seinem Vers mit hellerm Schein,
Als jener Stein, den alter Staub umzieht.
5 Die Säule stürzt des Krieges wilde Wuth,
Des Maurers Werk zerstört des Aufruhrs Drang;...