• Dem Mund, auf dem die Liebe blühte,
    Entfloh das bittre Wort: „ich hasse“,
    Zu mir, der schmachtend nach ihr glühte.
    Doch sieht sie kaum, daß ich erblasse,
    5 Als Mitleid schnell durchzieht ihr Herz;
    Sie straft die Zunge, welche zart
    Sonst nur gewohnt war sanften Scherz,
    Und lehrt sie Grüße andrer Art.
    „Ich hasse“ änderte der Schluß,
    ...

  • Des sünd’gen Leibes Mittelpunct, o Seele,
    Genarrt durch deiner trotz’gen Diener Pracht,
    Wie duldest du’s, daß dir die Nahrung fehle,
    Da, so geschmückt, die äußre Hülle lacht?
    5 Da du so arm, warum so viel verwenden
    Auf des baufäll’gen Hauses äußern Schein?
    Willst du’s für Würmer also schön vollenden,
    Die dich beerben? kann dein Ziel das sein?...

  • Mein Lieben gleicht dem Fieber, strebend immer
    Nach dem, was Stoff der Krankheit muß verleih’n;
    Es lebt von dem, was macht die Krankheit schlimmer,
    Folgend dem fiebrischen Gelüst allein.
    5 Vernunft, der Arzt der schweren Liebespein,
    Voll Zorn, daß man nicht hört auf sein Gebot,
    Verläßt mich, und verzweifelnd seh’ ich’s ein,
    Begierd’ ist – und da...

  • Weh’, welch’ ein Aug’ hat Liebe mir verlieh’n,
    Dem, was die Andern schau’n, so kann entgeh’n?
    Wenn recht sie seh’n, wo floh mein Urtheil hin,
    Das falsch beurtheilt, was sie richtig seh’n?
    5 Wenn schön das, was mein irrend Aug’ entzückt,
    Was tadelt dann die Welt es im Verein?
    Ist’s häßlich, zeigt’s, wie Liebe uns berückt,
    Nichts gilt ihr Spruch,...

  • Es lügt das Wort, das einst ich dir geschrieben:
    „Nie könnte heißer meine Liebe sein!“
    Ich wüßte nicht, welch Grund mir sei verblieben,
    Daß meine Flamme glüh’ mit hellerm Schein.
    5 Doch wenn die Zeit, an Zufallslaunen reich,
    Gelübde bricht und fürstlich Machtgeheiß,
    Schönheit zerstört, das Spröde machet weich,
    Und starren Sinn entführet dem...

  • Laß nicht, wo treue Seelen sich verbunden,
    Einspruch gescheh’n. Nicht Liebe wird genannt,
    Was wechselt, gleich wie Wechsel es gefunden,
    Dem Störer zur Zerstörung bietet Hand.
    5 O nein! sie ist das Licht in Himmelsweiten,
    Das unerschüttert auf die Stürme blickt;
    Ein hell Gestirn, den irren Kahn zu leiten,
    Deß Höh’ bekannt, deß Werth uns doch...

  • Beschuld’ge mich, daß karg ich konnte sein,
    Dir deine reichen Gaben zu erstatten,
    Daß ich vergaß, die Huld’gung dir zu weih’n,
    Die theure Bande stets erheischet hatten;
    5 Daß ich bei dunkeln Wesen oft verweilet,
    Vergeudet hab’ dein theu’r erkauftes Recht;
    Mein Segel sei mit jedem Wind enteilet,
    Der mich aus deiner Näh’ am weitsten brächt’!...

  • Wie, um die Eßlust gier’ger zu erhöh’n,
    Den Gaumen wir mit scharfen Tränken quälen,
    Wie, ungesehnen Uebeln zu entgeh’n,
    In Arzenei’n wir uns die Krankheit wählen:
    5 So hab’, von deiner Süße vollgenährt,
    Ich gern bequemet mich zu herben Brühen;
    Vor Wohlfahrt krank ward Labung mir gewährt,
    Daß ohne Noth ich Krankheit mir verliehen.
    So...

  • Wie freut es mich, daß du dereinst warst kalt;
    Um jene Sorgen, die mich da gequält,
    Beugt mich die Reu’ mit siegender Gewalt,
    Wenn, Eisen gleich, der Geist mir nicht gestählt.
    5 Denn hat dich so mein kalter Sinn durchdrungen,
    Wie deiner mich, du lebtest Höllenzeit;
    Und mir Tyrannen ist’s noch nicht gelungen,
    Zu wägen, wie ich einst ertrug dein...

  • Besser ist’s, schlecht zu sein, als so zu scheinen,
    Da Nichtsein Schmach vom falschen Sein empfängt,
    Gerechter Freud’ Verlust von Andrer Meinen,
    Von unserm eignen Fühlen ab nicht hängt.
    5 Warum soll frech der Falschheit arge Tücke
    Mein wildes Blut mit schnödem Hohn begrüßen?
    Sind meine Schwächen für der Späher Blicke
    Das, was ich gut gemeinet,...