Viii.

VIII.
O Leib meiner Dame, du köstlicher Schrein,
Wo Gott seine köstlichste Perl' legt' hinein,
Nun ruhst du und schläfst du, doch in dir erstrahlt
Die träumende Perle im sonnigsten Schein!
Den zartesten Liljengeist bergender Kelch,
Des reinsten Gedankens still blühendes Sein:
O wär' ich, du Kleinod, dein Schatzmeister nur,
Dürft' ich mich, du Blume, zum Gärtner dir weihn!
Mit Liebe umschließen dich innig und fest,
Wie schützendes Gold den funkelnden Stein!
Dann trüg' ich die Erde, den Himmel, die Welt
Beisammen als Herzschmuck, geläutert und rein;
Dann tränk' ich die klareste Seele aus dir,
Du zierlicher Becher, wie perlenden Wein.
Schlaf' sanft und schlaf' selig, du köstlicher Leib!
Indessen ist träumend die Seele ja mein. (S. 75)

Collection: 
1806

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VI.
Wohl ist die Lilie wunderbar,
Wenn stolz sie sich im Garten wiegt,
In ihrem Kelche, sonnenklar,
Langsam der Morgentau versiegt;
Doch mag ich gehn und wandern,
So weit nur Lilien stehn,
Ist keine vor der andern
Mit höherm Schmuck versehn.

...

V.
Viele Wochen sind entflohn,
Seit ich Dich gesehen;
Hab' auch lange Tage schon
Keine Blum' gesehen!

Keine Blumen und kein Lieb -
Ach was soll das werden?
Was soll aus dem Frühlingstrieb
In mir innen werden?

Zwar noch stets der Lenz...

IV.
Nun in dieser Frühlingszeit
Ist mein Herz ein klarer See,
Drin versank das schwere Leid,
Draus verdampft das leichtre Weh.

Spiegelnd mein Gemüte ruht,
Von der Sonne überhaucht,
Und mit Lieb' umgießt die Flut,
Was sich in dieselbe taucht.

...

III.
Sitzt man mit geschloßnen Augen
Einsam in dem dunkeln Zimmer,
Blitzt oft durch die zarten Lider
Plötzlich roter Kerzenschimmer;
Weiß ich doch, daß Sonnenstrahlen
Durch die Augendeckel dringen
Und in flimmernden Gebilden
Sich um unsre Seele...

II.
Durch's Frührot zog das Wolkenschiff
vor einem hellen Frühlingstag,
Als ich, ein träumend Schülerkind,
im morgenstillen Felde lag;
Ein Falter streifte meine Stirn,
und vor mir eine Lilie stand;
Ich aber schaute drüber hin
in's tiefe, blaue...