Vii.

VII.
Von heißer Lebenslust entglüht
Hab' ich das Sommerland durchstreift;
Drob ist der Tag schön abgeblüht
Und zu der schönsten Nacht gereift.
Ich trete auf des Berges Rücken
Einsam in's offne Waldestor
Und beuge mich mit trunknen Blicken
Hoch in die stille Landschaft vor.

Am andern Hügel drüben steht
Im Sternenschein das liebe Haus;
Aus seinem offnen Fenster weht
Ein Vorhang in die Nacht hinaus.
Das ist fürwahr ein luftig Gitter,
Das mir mein Fräulein dort verschließt:
Nur schade, daß mir armen Ritter
Der Talstrom noch dazwischen fließt!

Zieh' du für mich, mein leichter Sang,
Hinüber an der Liebsten Brust!
Vielleicht trägt ihr dein ferner Klang
Zu Herzen meine Dichterlust.
Ja, ich will ihr ein Ständchen bringen,
Das weithin durch die Lüfte schallt;
So spiele du zu meinem Singen,
O Sommernacht, auf Tal und Wald!

Dein Saitenspiel im Tale liegt,
Die feinen Silberbrünnlein all';
Den Wald, der auf den Höh'n sich wiegt,
Laß rauschen drein, wie Orgelschall;
Das Elfensummen und das Kosen,
Das schwellend alle Kelche regt,
Vereine mit des Stromes Tosen,
Der seine Wogen talwärts trägt.

Im Süden zieht ein Wetter auf,
Schnell werb' ich's für mein Ständchen an:
Doch nehm' es fernhin seinen Lauf,
Daß ich es übertönen kann.
Die Mühlen sind die Taktes Schläger
Zu hinterst in des Tales Grund,
Die Sterne meine Fackelträger,
Sie leuchten mir im weiten Rund.

Nun will ich singen überlaut
Vor allem Land, das grünt und blüht:
Es ist kein Baum so hoch gebaut,
Darüber hin mein Sang nicht zieht;
Will eine Liederbrücke schlagen
Aus meiner Brust in ihre Brust:
Herz, wandle drauf, bis es will tagen,
Und wecke sie zu gleicher Lust! (S. 73-74)

Collection: 
1806

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VI.
Wohl ist die Lilie wunderbar,
Wenn stolz sie sich im Garten wiegt,
In ihrem Kelche, sonnenklar,
Langsam der Morgentau versiegt;
Doch mag ich gehn und wandern,
So weit nur Lilien stehn,
Ist keine vor der andern
Mit höherm Schmuck versehn.

...

V.
Viele Wochen sind entflohn,
Seit ich Dich gesehen;
Hab' auch lange Tage schon
Keine Blum' gesehen!

Keine Blumen und kein Lieb -
Ach was soll das werden?
Was soll aus dem Frühlingstrieb
In mir innen werden?

Zwar noch stets der Lenz...

IV.
Nun in dieser Frühlingszeit
Ist mein Herz ein klarer See,
Drin versank das schwere Leid,
Draus verdampft das leichtre Weh.

Spiegelnd mein Gemüte ruht,
Von der Sonne überhaucht,
Und mit Lieb' umgießt die Flut,
Was sich in dieselbe taucht.

...

III.
Sitzt man mit geschloßnen Augen
Einsam in dem dunkeln Zimmer,
Blitzt oft durch die zarten Lider
Plötzlich roter Kerzenschimmer;
Weiß ich doch, daß Sonnenstrahlen
Durch die Augendeckel dringen
Und in flimmernden Gebilden
Sich um unsre Seele...

II.
Durch's Frührot zog das Wolkenschiff
vor einem hellen Frühlingstag,
Als ich, ein träumend Schülerkind,
im morgenstillen Felde lag;
Ein Falter streifte meine Stirn,
und vor mir eine Lilie stand;
Ich aber schaute drüber hin
in's tiefe, blaue...