28.
Wer hätt's vermocht, die Mächte zu bezwingen,
Die mitleidlos ins Alltagsjoch uns schmieden!
Des Herzens Regung ist verpönt hienieden,
Sein Recht zu wahren wird ihm nie gelingen.
Wie stark und fest auch Seelen sich verschlingen,
Das Schicksal spricht gebietend: Seid geschieden!
Kein Sträuben gilt, ob Glück entweicht und Frieden,
Ob gramzernagt zwei Herzen drob zerspringen.
Ich wußt' es längst, doch konnt' ich's nimmer fassen,
Warum? warum? frag' ich in bittrem Harme,
So oft sich naht der Trennung grauser Tag:
Und gleich dem Kind, muß es sein Spielzeug lassen
Streck' ich zur Ferne sehnsuchtsvoll die Arme
Und weine bang dem Heißgeliebten nach.
Aus: Gedichte von Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft
1890