47.

47.
Ich geh an deinem Haus vorbei,
Das kalt mit blinden Fenstern blickt,
Und warte, ob nicht irgendwo
Die Liebe einen Gruß mir schickt.

Die toten Fensteraugen sehn
Wie Sphinxgesichter auf mich her
Und sind viel stummer Rätsel voll
Und sind all heißen Lebens leer.

Die Sehnsucht hält den Atem an
Und steht und lauscht und bangt und harrt,
Ob grauer Tod kein Mitleid kennt
Und ihr Verlangen freundlich narrt,

Ob nicht vielleicht wie Traum so schön,
Wie Traum so freudereich und tief,
Dein Auge grüßend nach mir schaut,
Das schon so lange mich nicht rief . . .

Ein Gassenbub höhnt zu mir auf.
Und müde gehe ich vorbei /
Ein Seufzer hebt sich schwer und fragt,
Wann wohl der Qual ein Ende sei?

Collection: 
1912

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9.

9.
Durch nächtliche Gassen welch süßes Getön,
Wie zwitschernde Vögel in Träumen,
Wie flüsternde Binsen, wie zartestes Wehn
Von Winden in knospenden Bäumen!

Ich öffne das Fenster und blicke hinaus
Und lausche mit...

8.

8.
Unvergleichliches Entzücken
Blüht mir auf aus buntem Strauß;
Welche Freude, ihn zu pflücken,
Sommerglück ans Herz zu drücken!
Trag ihn armevoll nach Haus.

Häufe ihn in schönstem Glase,
...

7.

7.
Zuweilen geh ich morgens in den Garten,
Wenn noch der Tau die nackten Füße streift,
Verschlafne Vögel auf die Sonne warten
Und alles sacht dem Licht entgegenreift;

Dann trinken meine nachterfrischten Sinne
All...

6.

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Es ist nicht Sitte, daß ein Weib es wage,
In ein Sonett ihr Fühlen zu ergießen,
Sie soll sich nur dem Gatten ganz erschließen,
Nur dieser seis, dem sie die Seele klage.

Und daß ich doch nun so in Versen sage
Von...

63.

63.
Nur Stunden noch kann meine Seele wachen
Und weit in Ferne nach dir suchen gehn,
Ein letztes Mal die Liebe anzufachen /
Nur Stunden noch, dann kommt der schwarze Nachen,
Und steinern kalt wird Dunkel mich umstehn.

...