30.

30.
Und jedesmal, wenn ich von dir mich trenne,
Blieb wie viel Fühlen stumm und ungesagt!
Ach, daß sich Liebe nicht vom Munde wagt,
Die ich doch deinem Bild in mir bekenne:

Vor dem ich eine ewige Lampe brenne
Von Hingegebenheit, die sagt und fragt
Und all das Glühen auszustrahlen wagt,
Das ich von Mund zu Mund dir niemals nenne!

Kaum bist du fort, so schreien stumme Worte
Inbrünstig zu dir hin, und Tränen fallen,
Daß von den seligen Minuten allen
Nicht eine aufgetan die starre Pforte
Der herben Förmlichkeit, um von dem Leben,
Das sie verschließt, ein Ahnen dir zu geben!

Collection: 
1912

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9.

9.
Durch nächtliche Gassen welch süßes Getön,
Wie zwitschernde Vögel in Träumen,
Wie flüsternde Binsen, wie zartestes Wehn
Von Winden in knospenden Bäumen!

Ich öffne das Fenster und blicke hinaus
Und lausche mit...

8.

8.
Unvergleichliches Entzücken
Blüht mir auf aus buntem Strauß;
Welche Freude, ihn zu pflücken,
Sommerglück ans Herz zu drücken!
Trag ihn armevoll nach Haus.

Häufe ihn in schönstem Glase,
...

7.

7.
Zuweilen geh ich morgens in den Garten,
Wenn noch der Tau die nackten Füße streift,
Verschlafne Vögel auf die Sonne warten
Und alles sacht dem Licht entgegenreift;

Dann trinken meine nachterfrischten Sinne
All...

6.

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Es ist nicht Sitte, daß ein Weib es wage,
In ein Sonett ihr Fühlen zu ergießen,
Sie soll sich nur dem Gatten ganz erschließen,
Nur dieser seis, dem sie die Seele klage.

Und daß ich doch nun so in Versen sage
Von...

63.

63.
Nur Stunden noch kann meine Seele wachen
Und weit in Ferne nach dir suchen gehn,
Ein letztes Mal die Liebe anzufachen /
Nur Stunden noch, dann kommt der schwarze Nachen,
Und steinern kalt wird Dunkel mich umstehn.

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