Iii.

III.
Sitzt man mit geschloßnen Augen
Einsam in dem dunkeln Zimmer,
Blitzt oft durch die zarten Lider
Plötzlich roter Kerzenschimmer;
Weiß ich doch, daß Sonnenstrahlen
Durch die Augendeckel dringen
Und in flimmernden Gebilden
Sich um unsre Seele schlingen.

Also saß ich in der Dämm'rung,
Müd' von Erdenlärm und Staube,
Eingelullt vom Abendsäuseln,
Schlummernd in der grünen Laube:
Da begann von Licht und Blumen
Gar ein seltsam schimmernd Weben
Und ein Ranken um die Augen
Wie von goldnen Zauberreben.

Rote Rosen, weiße Rosen,
Primeln, Tulpen und Narzissen,
Dahlien von hundert Farben
Sah ich durcheinander sprießen.
Purpur, Gold, Azur und Silber
Flimmerten in Wechseltönen,
Lila, Rosa, heit'res Meergrün
Mußten Glanz mit Glanz versöhnen.

O, das war ein prächt'ger Reigen,
Wie die Farben all' ihn tanzten,
Wie die Blütenstern' und Glocken
Ringelnd sich in Beete pflanzten!
Aber in den Wundergarten
Senkte eine Jakobsleiter
Von zwei Strahlen sanft sich nieder
Aus zwei Sternen, bläulich heiter!

Kleine blonde Liebesengel
Schwebten daran auf und nieder,
Stiegen in den Sternenhimmel,
Kehrten in mein Herze wieder;
Weckten and're hübsche Knaben,
Die darinnen träumend schliefen
Und darauf mit ihnen spielend,
Kosend durch die Blumen liefen.

Und die aus dem Himmel kamen,
Wollten meines Herzens Kinder
Ringend mit sich aufwärts ziehen;
Aber diese auch nicht minder
Hielten stand und kämpften wacker
Als sie jene dicht umschlangen,
Hielten sie in meines Herzens
Tiefstem Grunde bald gefangen.

Oben an der Himmelsleiter
Eine klare Seele schwebte,
Die halb zornig, halb mit Lächeln,
Sie zurückzulocken strebte;
Doch es schien mir im Gefängnis
Ihnen leidlich zu gefallen:
Denn ich sah, der Herrin trotzend,
Bunt sie durch einander wallen.

Und sie mußte sich bequemen,
Endlich selbst herabzusteigen,
Sah sich plötzlich dann gefangen
Mitten in dem frohen Reigen.
Doch für all' den Liebesjubel
Ward mein Herz zu eng und nieder:
Klingend sprangen auf die Pforten,
Sprangen auf die Augenlider!

Sieh! da standest du, auf meine
Schläferaugen schweigsam schauend,
Vorgebogen, unbefangen,
Auf den festen Schlaf vertrauend;
Wurdest rot und flohst vorüber,
Ungeschickt ein Liedlein summend
Und vergeblich dein Geheimnis
In der Dämmerung vermummend!

Fliehe nur, verrat'ne Seele,
Trostlos durch des Gartens Blüten!
Such' dir bessre Zauberdrachen,
Deines Busens Schatz zu hüten!
Töricht Kind! nun magst du immer
Dreifach mir dein Herz verschließen:
Unerbittlich seh' ich innen
Für mich rote Rosen sprießen! (S. 68-71)

Collection: 
1806

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VI.
Wohl ist die Lilie wunderbar,
Wenn stolz sie sich im Garten wiegt,
In ihrem Kelche, sonnenklar,
Langsam der Morgentau versiegt;
Doch mag ich gehn und wandern,
So weit nur Lilien stehn,
Ist keine vor der andern
Mit höherm Schmuck versehn.

...

V.
Viele Wochen sind entflohn,
Seit ich Dich gesehen;
Hab' auch lange Tage schon
Keine Blum' gesehen!

Keine Blumen und kein Lieb -
Ach was soll das werden?
Was soll aus dem Frühlingstrieb
In mir innen werden?

Zwar noch stets der Lenz...

IV.
Nun in dieser Frühlingszeit
Ist mein Herz ein klarer See,
Drin versank das schwere Leid,
Draus verdampft das leichtre Weh.

Spiegelnd mein Gemüte ruht,
Von der Sonne überhaucht,
Und mit Lieb' umgießt die Flut,
Was sich in dieselbe taucht.

...

III.
Sitzt man mit geschloßnen Augen
Einsam in dem dunkeln Zimmer,
Blitzt oft durch die zarten Lider
Plötzlich roter Kerzenschimmer;
Weiß ich doch, daß Sonnenstrahlen
Durch die Augendeckel dringen
Und in flimmernden Gebilden
Sich um unsre Seele...

II.
Durch's Frührot zog das Wolkenschiff
vor einem hellen Frühlingstag,
Als ich, ein träumend Schülerkind,
im morgenstillen Felde lag;
Ein Falter streifte meine Stirn,
und vor mir eine Lilie stand;
Ich aber schaute drüber hin
in's tiefe, blaue...