Wenn auf einem weißen Halse
Sich ein schwarzes Lockenköpfchen
Lächelnd wendet, giebt es eine
Wunderschöne Nackenlinie.
Diese wunderschöne Linie
Hab' ich hundertmal bewundert,
Wenn mein Liebchen mir noch einen
Letzten Abschiedsblick vergönnte.
Aus den Augenwinkeln glänzte
Ihr dann Liebe, Glück und Freude,
Ihre schwarzen Nackenlöckchen
Kräuselten sich vor Vergnügen.
Nun in ihrem Mädchenzimmer,
Das ich heut' zum ersten Male
Durft' betreten - in der Göttin
Heiligtum dacht' ich zu wandeln-
Find' ich einen wunderschönen
Tito Conti, eine süße,
Dunkle Schönheit aus Italien,
Aus den Augenwinkeln blitzend.
Auf dem vollen, weißen Halse
Wendet sie das schwarze Köpfchen,
Lachend ihre Zähne weisend,
Und die Nackenlöckchen kichern;
Fragen kichernd: "War's die Liebe,
Die des Liebchens Kopf verdrehte,
Wenn sie dir noch einen letzten,
Gnädigen Abschiedsblick vergönnte?
Oder war es die bewußte
Kenntnis dieser schöngeschwungnen
Und koketten Nackenlinie
Auf dem Bild des Tito Conti!
aus: Hugo Salus Gedichte
Zweite durchgesehene Auflage
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München 1901