Der Spiegel

Spieglein, Spieglein an der Wand
Im Zimmer meiner Geliebten,
Tröst' du des tief Betrübten,
Einsam Verliebten Unverstand!

Sie will bald wiederkommen,
Ist fort kaum erst zwei Tage lang;
Mir aber ist so bang,
Als wär' sie mir genommen!

Spieglein, Spieglein an der Wand,
Ihr Freund und ihr Vertrauter,
Gar liebreich Angeschauter,
Birgst du für mich kein Unterpfand?

Kein Brief zum Trost und Lieben!
Kein Endchen Band, kein Blümchen! Nichts.
Nicht mal der Abglanz ihres Gesichts
Ist dir zurückgeblieben!

Bist in den kurzen Tagen
Ganz grau geworden, matt und trüb;
Was soll dann ich erst sagen,
Der ich sie so vom Herzen lieb'!

aus: Hugo Salus Neue Garben
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München 1904

Collection: 
1900

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