186.

Mein urtheil wiederräth es mir
Und sagt, ich sol mich von dir wenden,
Ich aber habe die begier,
Mein lieb, noch nicht in meinen händen,
Ich streit' in grosser sorg und pein
Und kan doch nicht ihr meister seyn.

Mein zartes alter weiß noch nicht
Vor ihren kräfften obzusiegen,
Ich muß durch ihre strenge pflicht
Im ersten ansatz unten liegen,
Wie klüglich mein verstand auch lehrt,
So wird er doch nicht angehört.

Ich kenne zwar die tugendt wol,
Was hilfft es mir? ich muß sie hassen,
Ich sehe, was ich meiden sol,
Und kan es doch nicht unterlassen,
Zum bösen lieb ich schnelle fahrt,
Zum guten trag' ich schnecken-arth.

Recht wie ein schiff in vollem lauff
Die Syrten zwar vor augen siehet,
Und hält doch seine flucht nicht auff,
Wie hefftig es sich auch bemühet,
Der ungezähmten winde streit
Gönnt hie der kunst nicht krafft, nicht zeit,

So seh' ich meinen untergang
Mir auch zwar stets vor augen schweben,
Und kan mich doch durch keinen zwang
Der sorglichen gefahr entheben;
Das geile wolthun führt mich hin,
Wo ich mir selbst nicht ähnlich bin.

Da, wo ich eben das muß seyn,
Was vormals Ithacus geferdten,
Die sich in bähren, wölff' und schwein'
Auff Circe zauberey verkehrten,
Wer unter den begierden ist,
Darff keiner Circe kunst und list.

Sie ziehen ihm den menschen auß
Und heissen ihn zum viehe werden,
Dann ist er nur des menschen hauß
Und trägt nur menschliche geberden,
Der kern des menschen ist verheert
Und in ein tummes wild verkehrt.

Jedoch, gleich wie die wilde fluth
Nicht allezeit sich muß bewegen,
So wird mit meinem jungen bluth
Der sinnen toben auch sich legen;
Ich weiß, mein urtheil und verstand
Behelt zuletzt noch oberhand.

Indessen, weil ich unverliebt,
Wie gern ich wolte, nicht kan bleiben,
Und aber dich das glück mir giebt,
Der jugend süsses spiel zu treiben,
So solt nur du, mein licht, allein
Mir meine gegen-liebe seyn.

Kein weibes-bild sagt mir so zu
Und räumt sich so zu meinen sitten,
Mein sinnen-trost, als einig du,
Drumb hast du mir die seel erstritten,
Die seele, die mir gantz entfällt
Und sich zu deiner seelen hält.

Vor dieses aber, meine lust,
Daß meine seel' auff dir muß rasten,
Laß dich auch ferner, wie du thust,
Kein ungelehrte hand betasten,
Weil Phoebus selbst und ich, sein kind,
Kaum deiner liebe würdig sind.

Collection: 
1876

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