16.

16.
Aus meinem Teiche zieht ein schwarzer Schwan
Allein und stumm die stille Schattenbahn;
Er liebt die kleinen warmen Sonnenflecke
Und liebt das Rauschen seiner Schilfverstecke.
Wie oft auch schon aus nahem leisem Kahn
Ihm meine Augen in die Augen sahn /
Es schien ihn nichts im Innern zu berühren,
Und meine Neugier fand verschloßne Türen,
Und immer ist er ganz allein.

Ich finde, daß ihm Lionardo gleicht:
Auch er geht seinen Weg so stolz und leicht,
So stumm und schwarz und liebt es nicht, der Frauen
Allzu geschwätzigen Augengruß zu schauen.
Und seine Seele ist allein.

Ich denke oft, seh ich den schwarzen Schwan,
Daß jener diese Maske umgetan,
Um weich und lockend Leda zu bezwingen /
Dann ists, als sollt ich in die Wasser springen
Und dort, wo Schatten sich und Schilf verketten,
Mich tief in seine schwarzen Federn betten.

Collection: 
1912

More from Poet

9.

9.
Durch nächtliche Gassen welch süßes Getön,
Wie zwitschernde Vögel in Träumen,
Wie flüsternde Binsen, wie zartestes Wehn
Von Winden in knospenden Bäumen!

Ich öffne das Fenster und blicke hinaus
Und lausche mit...

8.

8.
Unvergleichliches Entzücken
Blüht mir auf aus buntem Strauß;
Welche Freude, ihn zu pflücken,
Sommerglück ans Herz zu drücken!
Trag ihn armevoll nach Haus.

Häufe ihn in schönstem Glase,
...

7.

7.
Zuweilen geh ich morgens in den Garten,
Wenn noch der Tau die nackten Füße streift,
Verschlafne Vögel auf die Sonne warten
Und alles sacht dem Licht entgegenreift;

Dann trinken meine nachterfrischten Sinne
All...

6.

6.
Es ist nicht Sitte, daß ein Weib es wage,
In ein Sonett ihr Fühlen zu ergießen,
Sie soll sich nur dem Gatten ganz erschließen,
Nur dieser seis, dem sie die Seele klage.

Und daß ich doch nun so in Versen sage
Von...

63.

63.
Nur Stunden noch kann meine Seele wachen
Und weit in Ferne nach dir suchen gehn,
Ein letztes Mal die Liebe anzufachen /
Nur Stunden noch, dann kommt der schwarze Nachen,
Und steinern kalt wird Dunkel mich umstehn.

...